Page 66 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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Auf einem Grundstück vom 29. Februar 1940 eingeleiteten und mit der Kriegsbeschädigten mit Volkswohl eingelei-
an der Schreiberstraße dem »Führererlass« vom 11. November dessel- tet. Eine Verweigerung hätte die Aberkennung
in der nördlichen ben Jahres noch genauer umrissenen »Ver- der Gemeinnützigkeit und somit das Ende jegli-
Südstadt konnten schmelzungsaktion« war, aus mehreren kapi- cher staatlicher Vergünstigungen bedeutet. So
1938/40 noch sieben talschwachen und kleinen örtlichen Unterneh- blieb im letzten Jahresbericht, den die Bauge-
Wohnhäuser errichtet men größere und leistungsfähigere Einheiten nossenschaft der Kriegsbeschädigten herausgab,
werden, bevor der zu schaffen, was zugleich die Freisetzung einer nichts anderes übrig, als die »Notwendigkeit
Wohnungsbau bei möglichst großen Anzahl von Arbeitskräften dieser Maßnahmen« 20 anzuerkennen und bei
für Kriegszwecke bewirken sollte. Nicht zuletzt Volkswohl in der außerordentlichen General-
Volkswohl zum Erliegen
war damit aber auch die definitive Ausschal- versammlung vom 17. Oktober 1941 die Annah-
kam. Lageplan 1938.
tung nicht genehmer Genossenschaften und me des Verschmelzungsvertrages ohne Gegen-
Wohnungsunternehmen beabsichtigt. Trotz stimmen festzustellen. 21 Am 2. Dezember 1941
»Gleichschaltung« wurden viele Genossen- erfolgte beim Registergericht Fürth der Eintrag
schaften immer noch verdächtigt, als Unter- der so entstandenen Vereinigung unter dem
schlupf für ehemalige Gewerkschafter, Sozial- Namen »Gemeinnützige Baugenossenschaft
demokraten und andere als »politisch unzuver- Volkswohl e.G.m.b.H.«, deren Wohnungsbe-
lässig« eingestufte Personen zu dienen. stand sich nach der Fusion um 38 Häuser mit
Die Fürther Baugenossenschaften waren 162 Wohnungen erhöht hatte und nun 108
von den Maßnahmen nicht ausgenommen. Gebäude mit 624 Wohnungen umfasste. Die
Gemäß den Vorgaben musste sich 1941 die Mitgliederzahl war von 645 auf 809 angewach-
Burgfarrnbacher Ortsgruppe der Baugenossen- sen und lag zu Kriegsende bei 777, womit der bis
schaft der Kriegsbeschädigten mit dem Bauver- dahin höchste Stand an Mitgliedern, 730 im Jahr
ein Fürth zusammenschließen, die Krieger- 1930, überschritten war. Während die Mitglie-
heimstätte mit der Beamtenbaugenossenschaft derzahl anschließend infolge der Weltwirt-
Fürth. Hier bot sich somit offenkundig ein Weg, schaftskrise zunächst kontinuierlich rückläufig
die Kriegsopfervereinigungen der Nachkriegs- gewesen war, hatte es seit 1935 mit sinkenden
zeit, die den Nationalsozialisten ohnehin meist Arbeitslosenzahlen und gleichzeitig erhöhter
als Repräsentanten der verhassten »System- Zuwanderung in die Städte wieder einen steti-
zeit«, der Republik, gegolten hatten, und denen gen Anstieg gegeben. Die Einwohnerzahl in
vorgeworfen wurde, lediglich eine »Opferrolle« Fürth war zwischen 1933 und 1939 um gut
einzunehmen, die mit dem glorifizierenden 5.000 Menschen angewachsen. Unverändert
»Kriegsheldentum« der NS-Ideologie nicht in geblieben war hingegen das Defizit an Wohnun-
Einklang zu bringen war, aus dem öffentlichen gen, ein Zustand, der bereits während des Krie-
Bewusstsein verschwinden zu lassen. ges, mehr aber noch nach dessen Ende Ausma-
Im Sommer des Jahres 1941 wurde daher ße in bislang nicht gekannter Größenordnung
auch die Fusion der Fürther Baugenossenschaft annehmen sollte.
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