Page 58 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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1933–1945


                                      Die Volkswohl

                                      im Nationalsozialismus


                                      »Gleichschaltung« und erzwungene Fusion















               »Baugenossenschaft Volks-  Die Genossenschaften mit ihrem Prinzip  nungspolitischen Ziele einzuspannen gedachte,
               wohl. Gründungsjahr 1920«:  der demokratischen Selbstverwaltung waren  verloren aber ihre Eigenständigkeit. Sie muss-
               Ein Wandgemälde an dem  den Nationalsozialisten, die mit der Ernennung  ten es hinnehmen, durch die sogenannte
               1934/35 errichteten Wohn-  Adolf Hitlers (1889–1945) zum Reichskanzler  Gleichschaltung, ebenso wie alle anderen
               haus Daniel-Ley-Straße 1   am 30. Januar 1933 an die Macht gelangt  staatlichen und nicht staatlichen Einrichtun-
               an der Ecke zur Schwabacher  waren, ein Dorn im Auge. Eine strikte Befür-  gen und Vereinigungen der nationalsozialisti-
               Straße stellt eine »deutsche  wortung des Privateigentums und der Unter-  schen Herrschaftsstruktur mit dem geltenden
               Familie« im nationalsozia-  nehmerinitiative waren weitere Gesichtspunk-  Einparteiensystem unterworfen zu werden.
               listischen Sinne dar.  te, die die neuen Machthaber in ideologischer  Vorstand und Aufsichtsräte wurden, ohne regu-
               Während der Mann mit   Hinsicht scharf vom Genossenschaftsgedanken  läres Wahlverfahren, gemäß dem »Führerprin-
               nacktem Oberkörper beim  trennten, was auch ein besonders rücksichtslo-  zip« durch Anordnung von oben ausgetauscht
               Hausbau dargestellt ist,   ses Vorgehen gegen die Konsumgenossenschaf-  und durch linientreue NS-Funktionäre ersetzt.
               sitzt seine Frau ihm zu  ten nach sich zog, die – auch wegen ihrer  Bei der Baugenossenschaft Volkswohl fand
               Füßen und wiegt ein Klein-  betonten Nähe zur Sozialdemokratie – in den  am 24. April 1933 im katholischen Gesellenhos-
               kind, ein weiteres Kind  nächsten Jahren schrittweise aufgelöst wurden.  piz die erste ordentliche Generalversammlung
               spielt am Boden.          Die übrigen Genossenschaften, darunter  unter den veränderten politischen Gegebenhei-
               Fotografien 1935 (oben)   die Wohnungsgenossenschaften, blieben beste-  ten statt, die einen »äußerst bewegte[n]
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               und 1950er Jahre (unten).  hen. Letztere, da das Regime sie in ihre woh-  Verlauf« nahm, was darauf hindeutet, dass viele
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