Page 25 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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wachstum von über 3.300 Menschen zu ver- Der in mehreren christ-
zeichnen, und der Zuzug hielt in den folgenden lichen Arbeiterorgani-
Jahren an. Schon in der unmittelbaren Nach- sationen engagierte
kriegszeit wurde ein Bedarf von mindestens Schreiner Konrad Ulrich
1.000 Wohnungen festgestellt. wurde zum ersten
Nicht gewillt, diesem Notstand länger Vorsitzenden der neu-
tatenlos zuzusehen, entschieden einige Woh- gegründeten Baugenos-
nungssuchende, selbst aktiv zu werden, um senschaft Volkswohl
dem Mangel etwas entgegenzusetzen. »Der gewählt. Er bestimmte
Gedanke, der grossen Wohnungsnot in Fürth die Geschicke der
mit abzuhelfen, war die Veranlassung, der Genossenschaft bis zu
Gründung der Baugenossenschaft näher zu tre- seinem Tod 1945.
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ten« , hält der erste Geschäftsbericht von der
Volkswohl aus dem Jahr 1921 als Beweggrund
fest. Zur Gründungsversammlung am 16.
Dezember 1920 hatten der katholische Arbei- sein soziales Engagement unter Beweis gestellt rechts: Auszug aus
terverein und die christlichen Gewerkschaften hatte, unter anderem bei der Zahlstelle Fürth der Mitgliederliste des
eingeladen, beteiligt war außerdem der Bayeri- des christlichen Holzarbeiterverbandes seit Jahres 1921.
sche Eisenbahner- und Postverband. Tatkräftig 1909 und des christlichen Gewerkschaftskar-
bei ihrem Vorhaben unterstützt und beraten tells Fürth seit 1919.
wurden die Initiatoren von der 1912 gegründe- Die Eintragung ins Genossenschaftsregister
ten Baugenossenschaft »Selbsthilfe« aus der erfolgte am 10. Januar 1921. Als Geschäftsan-
Nachbarstadt Nürnberg, die ebenfalls im teil, den jedes Mitglied einzuzahlen hatte, wur-
katholisch-christlichen Milieu wurzelte. Mit ihr den 500 Mark festgesetzt, außerdem eine Auf-
verband die Volkswohl über viele Jahre ein nahmegebühr von fünf Mark pro Kopf.
»enges, freundschaftliches Zusammengehörig- Angesprochen von dem Aufruf fühlten sich,
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keitsgefühl« . wie angesichts des Gründungskreises nicht
»Nach einem ausführlichen Referat über anders zu erwarten, überdurchschnittlich viele
das Baugenossenschaftswesen«, so wird zwan- Handwerker wie Schreiner, Glasschleifer oder
zig Jahre später das Gründungsprotokoll Uhrmacher, aber auch zahlreiche Bedienstete
zitiert, »erklärten sich die Anwesenden bereit, von Bahn und Post. Vorwiegend entstammten
eine Baugenossenschaft mit dem Namen: Bau- die Mitglieder somit dem kleinbürgerlichen
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genossenschaft ,Volkswohl‘ zu gründen.« Zum Milieu, einige, wie ein Tagelöhner oder ein
Ersten Vorsitzenden wählte die Versammlung Dienstknecht sind aber sicher dem Niedrig-
den Schreiner Konrad Ulrich (1880–1945), der lohnsektor zuzurechnen, doch auch Ingenieure
bereits als Vorstand anderer Organisationen traten der Genossenschaft bei, ebenso einige
24 Volkswohl 1920–1933