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Mitgliederporträt: Edith Rachor

                                      »Wir waren eine enge Gemeinschaft, aber

                                      immer mit Verbindungen nach außen.«




                                         Edith Rachor kam als Achtjährige im Som-  Turnerinnen des ASV engagiert und seit 1953
                                      mer 1948 mit ihrer Familie aus Neudorf an der  bei den Naturfreunden. Dort ging man jedes
                                      Biela in der Nähe von Komotau nach Fürth.  Wochenende gemeinsam zum Wandern und
                                      Die Ausreise war damals durch die deutsche  jede Woche gab es einen Vereinsabend. Bis
                                      Sozialdemokratie organisiert worden und die  heute ist sie Mitglied der Naturfreunde.
                                      ausreisenden Familien, die größtenteils aus der  Edith Rachor lebte noch bis zu ihrer Heirat
                                      Arbeiterbewegung kamen, hatten im Gegensatz  1969 in der alten Heilstättensiedlung. Obwohl
                                      zu den unmittelbar nach dem Krieg Vertriebe-  ihr Vater bereits 1949 der neugegründeten Bau-
                                      nen ihren Hausrat mitnehmen dürfen.    und Siedlungsgenossenschaft (BSG) beigetre-
                                         In Fürth mussten die Aussiedler die ersten  ten war, konnten ihre Eltern erst 1971 in das
                                      Wochen und Monate in einer Notunterkunft  erste neuerrichtete Haus der BSG in der Heil-
                                      im Kronacher Bunker verbringen. Ab Septem-  stättenstraße 97 umziehen. Edith und ihr Mann
                                      ber 1948 gehörte Edith mit ihrer Familie zu den  Bernhard, ein gebürtiger Zirndorfer, den sie bei
                                      ersten Bewohnerinnen der zu Wohnungen  den Naturfreunden kennengelernt hatte, hinge-
                                      umgebauten ehemaligen Luftwaffenhelferin-  gen bezogen eine Genossenschaftswohnung
                                      nenbaracken in der Heilstättensiedlung. In den  der Volkswohl in der Südstadt. In deren
                                      Steinbaracken befanden sich jeweils zehn  Geschäftsstelle arbeitete Edith Rachor von
                                      unterschiedlich große Wohnungen.       1968 bis 1979. Im gleichen Jahr konnten sie
                                         Edith Rachor erlebte eine glückliche Kind-  eine Neubauwohnung der BSG in der Paul-
                                      heit und Jugend in der dörflich anmutenden  Keller-Straße mit Blick auf den Stadtwald
                                      Siedlung am Stadtwald, in der es nicht nur viele  beziehen, in der sie mit ihrem Mann bis heute
                                      Spielkameradinnen, sondern auch ein vielfälti-  lebt.
                                      ges Gemeinschaftsleben gab und viele Bräuche  Genossenschaftliches Wohnen, mit dem sie
                                      der ehemaligen Heimat gepflegt wurden. Die  seit Jahrzehnten vertraut ist, bedeutet für sie bis
                                      sudetendeutschen und schlesischen Familien  heute Sicherheit und Vertrautheit, auch wenn
                                      hatten einen SPD-Ortsverein, eine Sektion der  heute in der neuen Heilstättensiedlung nur
                                      Naturfreunde und den Sportverein ASV, in  noch etwa 15 Wohnungen von ehemaligen
                                      dem in den Anfangsjahren vor allem geturnt  Barackenbewohnern oder deren Kindern
                                      wurde, gegründet. Edith war seit 1950 bei den  bewohnt werden.
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