Page 164 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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Mitgliederporträt: Edith Rachor
»Wir waren eine enge Gemeinschaft, aber
immer mit Verbindungen nach außen.«
Edith Rachor kam als Achtjährige im Som- Turnerinnen des ASV engagiert und seit 1953
mer 1948 mit ihrer Familie aus Neudorf an der bei den Naturfreunden. Dort ging man jedes
Biela in der Nähe von Komotau nach Fürth. Wochenende gemeinsam zum Wandern und
Die Ausreise war damals durch die deutsche jede Woche gab es einen Vereinsabend. Bis
Sozialdemokratie organisiert worden und die heute ist sie Mitglied der Naturfreunde.
ausreisenden Familien, die größtenteils aus der Edith Rachor lebte noch bis zu ihrer Heirat
Arbeiterbewegung kamen, hatten im Gegensatz 1969 in der alten Heilstättensiedlung. Obwohl
zu den unmittelbar nach dem Krieg Vertriebe- ihr Vater bereits 1949 der neugegründeten Bau-
nen ihren Hausrat mitnehmen dürfen. und Siedlungsgenossenschaft (BSG) beigetre-
In Fürth mussten die Aussiedler die ersten ten war, konnten ihre Eltern erst 1971 in das
Wochen und Monate in einer Notunterkunft erste neuerrichtete Haus der BSG in der Heil-
im Kronacher Bunker verbringen. Ab Septem- stättenstraße 97 umziehen. Edith und ihr Mann
ber 1948 gehörte Edith mit ihrer Familie zu den Bernhard, ein gebürtiger Zirndorfer, den sie bei
ersten Bewohnerinnen der zu Wohnungen den Naturfreunden kennengelernt hatte, hinge-
umgebauten ehemaligen Luftwaffenhelferin- gen bezogen eine Genossenschaftswohnung
nenbaracken in der Heilstättensiedlung. In den der Volkswohl in der Südstadt. In deren
Steinbaracken befanden sich jeweils zehn Geschäftsstelle arbeitete Edith Rachor von
unterschiedlich große Wohnungen. 1968 bis 1979. Im gleichen Jahr konnten sie
Edith Rachor erlebte eine glückliche Kind- eine Neubauwohnung der BSG in der Paul-
heit und Jugend in der dörflich anmutenden Keller-Straße mit Blick auf den Stadtwald
Siedlung am Stadtwald, in der es nicht nur viele beziehen, in der sie mit ihrem Mann bis heute
Spielkameradinnen, sondern auch ein vielfälti- lebt.
ges Gemeinschaftsleben gab und viele Bräuche Genossenschaftliches Wohnen, mit dem sie
der ehemaligen Heimat gepflegt wurden. Die seit Jahrzehnten vertraut ist, bedeutet für sie bis
sudetendeutschen und schlesischen Familien heute Sicherheit und Vertrautheit, auch wenn
hatten einen SPD-Ortsverein, eine Sektion der heute in der neuen Heilstättensiedlung nur
Naturfreunde und den Sportverein ASV, in noch etwa 15 Wohnungen von ehemaligen
dem in den Anfangsjahren vor allem geturnt Barackenbewohnern oder deren Kindern
wurde, gegründet. Edith war seit 1950 bei den bewohnt werden.
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